Düsseldorf, im Juni 2012

Erneut ist anscheinend eine CD mit Daten in die Hände der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung geraten, diesmal mit Daten von Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse AG ("CS"). Schwerpunkt der Daten soll auf einem Anlagemodell mit dem vielsagenden Namen "Bermuda-Anleihe" liegen, und zwar aus ganz bestimmten, der Bank wohl intern bekannten Zeiträumen. Bei dieser Bermuda-Anleihe handelte es sich um den Versuch, durch Verlagerung der Depots etc auf die besagte Insel eine Zuordnung zu Anlagern unmöglich zu machen, was aber offensichtlich mißlang.

Grundsätzlich stellt sich auch hier - wie bei vergleichbaren Ankäufen illegal beschaffter Daten in den vergangenen Jahren - die Frage nach der strafrechtlichen Relevanz des Ankaufs und der Verwendung der Daten durch die Finanzbehörden: die offenbar wenig beachtete Strafvorschrift des § 17 Abs. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verbietet auch den Ankauf oder die Verwertung illegal, nämlich durch "Datendiebstahl" erlangter Informationen, die den Charakter des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis haben, wozu ohne Frage auch die Konto-Daten von Bankkunden gehören. Der Staat selbst reklamiert daher im Zusamenhang mit den von ihm initiierten Verstößen gegen die eigenen Gesetze eine Art Staatsnotstand, der ihn dazu berechtigen soll, diese Gesetze zum Zwecke höherrangigen Gemeinwohls (?) zu brechen! Eine Errungenschaft eines (modernen) Rechtsstaat besteht zweifelsohne darin, dass der Staat sich bei der Durchsetzung seiner Interessen peinlich genau an Recht und Gesetz zu halten habe - so möge man meinen. Insofern verhält sich die BRD durch entspr. Handeln staatszerstörerisch und es fragt sich, wieso sie von jedem Bürger Achtung der Gesetze verlangt, hierzu selbst aber nicht bereit ist.

Konsequenz:

Natürlich ist das Risiko, durch das Bekanntwerden entspr. Daten auf der CD zumindest einen Anfangsverdacht auf Steuerhinterziehung auszulösen, trotz vielleicht weniger qualifizierter Daten nicht von der Hand zu weisen; allerdings gilt: auch die durch die CD erworbenen Kenntnisse führen nicht zu einer unmittelbaren Anklage auf Basis des vorhandenen Materials, sondern - siehe den spektakulären Fall Zumwinkel - zunächst zu Hausdurchsuchungen etc. D. h., die Steuerfahndung ist trotz der gewonnen Informationen auf weitere, handfeste Beweise angewiesen, wie z. B. Korrespondenz oder Kontoauszüge. Im Strafrecht gilt natürlich, dass nur Originalunterlagen geeignet sind, entsprechende Indizien für die Schuld eines Beschuldigten zu liefern. Vor diesem Hintergrund fragt sich, welchen Beweiswert reine Kopien von Unterlagen (solche stellen nämlich auch die entwendeten Daten auf der CD nur dar) besitzen, sofern keine weiteren Hinweise auf Konten bei oder Kontakte zu der entsprechenden Filiale der CS aufgefunden werden. Ein süddeutsches Strafgericht hat kürzlich genau auf dieser Linie einen Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung zu Recht freigesprochen, dessen (vermeintliche) Konten auf einer derartigen CD aufgetaucht waren, gegen den allerdings keine weiteren belastbaren Hinweise oder gar Beweise vorlagen.

Es soll jedenfalls eine ganze Reihe von Steuersündern geben, die nach erstem Schreck inzwischen die Position eingenommen haben, dass auch im Rahmen einer Durchsuchung an welcher Stelle auch immer in Deutschland keinerlei weiteres belastendes Material auffindbar sein wird. Des Weiteren reicht das vorhandene (kopierte) Material auf der CD jedenfalls strafrechtlich nicht aus. Ob eine solche, fragwürdige Strategie im konkreten Fall ausreicht und welche sonstigen steuerlichen Konsequenzen damit verbunden sein dürften, kann nur individuell abgeklärt werden